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Der Mann hinter dem Mond ist nicht mehr da

in: Tages-Anzeiger, 13.07.2006, 43

Zwei DVD von Pink Floyd zeigen eindrücklich, wie sich die Band seit ihren Anfängen verändert hat - und was in der Zwischenzeit verloren ging.

1967 war Pink Floyd der Geheimtipp der Undergroundszene in London. Die Band zeichnete sich durch ihre skurrilen Klanggemälde und vor allem durch ihre Improvisationsgabe aus. Ganz anders 1994: Pink Floyd hat sich zum multimedialen Supertanker entwickelt. Perfekt gespielt, optimale Klangtechnik und eine fantastische Lichtshow sind das Markenzeichen. Zwei DVDs dokumentieren dies eindrücklich.
Am 20. Oktober 1994 gaben Pink Floyd im Londoner Earls Court eines ihrer letzten Konzerte. Bereits 1995 als VHS-Kassette veröffentlicht, liegt sie heuer bild- und tontechnisch überarbeitet in hervorragender Qualität vor. Neben dem kompletten Konzert finden sich auf der Doppel-DVD «P.U.L.S.E.» unter anderem seltene Einblicke in die Arbeiten im Aufnahmestudio oder vor dem Konzert.

Hymne auf Syd Barret

Das Konzert hinterliess bereits damals einen zwiespältigen Eindruck. Die Auswahl der Stücke war unausgewogen: zu viel Belangloses aus der letzten Schaffensperiode der Band, als sie nur noch eine schlechte Kopie ihrer selbst war. Auf «Take It Back» oder «Keep Talking» und «Sorrow» hätte getrost verzichtet werden können. Nicht hingegen auf das Stück «Shine On You Crazy Diamond» von 1974, das Band-Gründer Syd Barrett gewidmet ist, der die Band 1968 wegen seines exzessiven LSD-Konsums und zunehmender Verwirrung verlassen musste. Und auf die Aufführung des kompletten Konzeptalbums von 1973, «The Dark Side of The Moon», Pink Floyds grösster Hit: über 40 Millionen Mal wurde die Platte verkauft.

Es erstaunt deshalb nicht, dass die Band dieses Album ins Zentrum ihres Programms stellte. Die Stücke werden zwar mit grosser Präzision gespielt, doch die auf Bigband-Grösse aufgestockte Gruppe beraubt die Musiker ihrer Fähigkeit zu improvisieren; Spontaneität sucht man vergebens. Schliesslich vermisst man den charismatischen Bassisten Roger Waters, der neben dem Gitarristen David Gilmour für die besten Werke von Pink Floyd verantwortlich zeichnet.

Londoner Bildgewitter

Erfrischend ist auf der zweiten DVD von «P.U.L.S.E.» ein Ausschnitt aus der Zeremonie der Aufnahme in die «Rock 'n' Roll Hall of Fame» 1996 in New York, in welcher Smashing-Pumkins-Kopf Billy Corgan eine sehr persönliche Laudatio hielt. Danach griff er zur Gitarre, um zusammen mit Pink Floyd «Wish You Were Here» zu spielen - so berührend kann dieses Stück sein, wenn es nicht im Stadiongetöse untergeht.

Auf der zweiten DVD, «London 66/67», erleben wir Pink Floyd, bevor sie ihre ersten Platten aufgenommen hatte. In ihrer Experimentierfreude waren sie ganz anders als das Gros der damaligen Popmusik. Die DVD enthält neben einem Bildgewitter der damaligen Musikszene zwei lange Gruppenimprovisationen von 1967, die Syd Barretts facettenreiches Spiel zeigen: «Interstellar Overdrive», eine psychedelische Odyssee, und «Nick's Boogie». Die Aufnahmen zeigen, mit welcher Fantasie und Spielfreude Pink Floyd improvisieren konnten. Ein eindrückliches Dokument aus der Londoner Musikszene der späten Sechzigerjahre. Und eine schöne Hommage an den eben verstorbenen Syd Barrett (TA vom Mittwoch).

Pink Floyd. In Concert, P.U.L.S.E., 2 DVD (EMI). Pink Floyd. London 66/67. DVD (SPV).

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